August 2003


Unser Leben vor Anker

Schon den ganzen Monat liegen wir da in Jaccaré vor Anker. Brian, ein Engländer, welcher hier seit über 20 Jahren lebt, hat sich während dieser Zeit eine Familie und eine mittlere Werft, Cabedelo Náutica LTDA, aufgebaut. Nebenbei stellt er seine Infrastruktur und seine guten Kontakte zu den Einheimischen uns Yachtis zur Verfügung. Wer keine Dusche an Bord hat, bekommt hier die Gelegenheit, sich diesen Luxus wieder einmal leisten zu können. Die meisten Reparaturarbeiten können hier erledigt werden und sogar einen extra Dingisteg hat er angelegt. Brian ist hier für uns Segler der Mann für alle dringenden Fälle.

Wir persönlich haben uns fest vorgenommen, hier verschiedenste Reparaturen an unserer MOMO vorzunehmen. Doch um es gleich vorweg zu nehmen, unsere Zeit reichte leider wieder einmal nicht aus, um alles zu erledigen. Verschiedenes, nicht überlebenswichtiges, mussten wir auf später verschieben. Dafür hatten wir regen Kontakt mit den momentan hier anwesenden Fahrtencrews. Eine Gegeneinladung folgte der Einladung und so lernten wir viele Leute, Segelboote und Gegebenheiten von Kanada, Südafrika, Frankreich, Schweden und England kennen. Auch verbrachten wir viel Zeit mit unseren neuen Freunden von der deutschen Momo. Mit ihnen hatten wir viele angenehme und interessante Stunden. Vom Boulespielen über exzellent zusammen Essen, von gegenseitiger Hilfe bei Problemen (wobei Wolfgang mir mehr helfen konnte, als umgekehrt), bis zu den unvergesslichen Caipirinha - und Rummikub-Stunden, würde es noch viel zu erzählen geben. Das wäre aber dann nun doch schon zu intim und darum lassen wir das besser.

Blick auf unseren Ankerplatz in Jaccaré.

Yvonne in ungewöhnlicher Arbeitsstellung. Der naturgetreue Hängemattentest.

Trotz unserem lockeren Leben, haben wir dann doch tatsächlich auch noch einige Arbeiten geschafft. Unter anderem hat Yvonne, hoch oben im Vorsegel hängend, einige Segelnähte nachgenäht und mit dem Nähen der neuen Cockpitsitzkissen begonnen. Ich selber habe viel Zeit mit der Beschaffung von benötigten Ersatzteilen verbracht. Stundenlange Fussmärsche waren dafür oft, in João Pessoa und seiner Umgebung, notwendig gewesen. Zwischendurch kamen so auch mal wieder meine Inlineskate zum Einsatz, welches hier in dieser kleineren Stadt ein sehr ungewöhnliches Bild und die nicht gewollte Aufmerksamkeit der Bevölkerung, ergab.
Das Aufstöbern des neuen Batterieladegerätes und des Vierkantalurohres für den besseren Wasserablauf unseres Cockpitdaches, bis hin zum Finden eines neuen Drehmomentschlüssels und der neuen 16 mm Inoxstange, um den vom Einbrecher verursachten Schaden zu beheben, benötigte für mich eine unvorstellbare Menge an Zeit. Die Schlauchanschlüsse aus Inox, von unserem Volvo Auspuffwassersammler mussten auch schon nachgeschweisst werden. Die Wasserpumpe des Generators hatte zu Lecken begonnen und die Dichtringe sollten ersetzt werden. Sollten, den diese Grösse war nirgends aufzutreiben und somit musste wieder einmal in die Trickkiste 17 gegriffen werden, um da etwas zu Improvisieren. Diese Liste könnte noch viel länger werden, doch wen interessieren zu Hause schon solche Kleinigkeiten.
Ach ja, eine Hängematte habe ich noch eingekauft. Das nebenstehende Bild hat Yvonne anlässlich des Eignungstestes geschossen. Der Kenner erkennt natürlich sofort, dass das Problem mit dem Sonnenschutz noch nicht optimal gelöst ist. Im Moment muss ich den Sonnenschirm noch selber festhalten und das heisst, ich muss während der Siesta noch viel zu viel Arbeiten. Inzwischen wurde auch hier die optimale Lösung gefunden.






Erinnerungen an Jaccaré

Fischerboot mit Natursegel aus Palmenblätter ....

.... schon moderner und in Farbe ....

.... und hier noch wie vor 100 Jahren.

Einsamer Einbaum.

Guaranà, mein Lieblingsgetränk.

Unsere Aussicht Richtung Strand.

Die beiden MOMO's,
friedlich vor Anker.

Yvonne, nochmals hoch oben am Segelflicken. Was soll das .....? .... ein Vogelpaar beginnt ihr Nest in unseren Segeln zu bauen. Jetzt ist endgültig Zeit für uns, weiter zu segeln!

 

 

 

 

 

 

 

 

 






Wasser bunkern auf einer Fahrtenyacht

Den Wasserhahn nach links drehen. Zum Duschen sich genüsslich und unendlich lange im Wasserstrahl räkeln, oder sich, bei einem auftretenden Durstfühl, ein Glas klares und sauberes Trinkwasser gönnen. So ist Mann (und natürlich auch Frau) sich das von der Schweiz seit jeher gewohnt. Dass Trinkwasser aber nicht auf der ganzen Welt so einfach und selbstverständlich zu erhalten ist, sollten wir uns Nordeuropäer noch viel mehr bewusst sein. Vielleicht würden dann einige mit diesem kostbaren Nass etwas sorgfältiger umgehen.
Es ist sehr gut, gibt es zwischendurch einen tropischen Hochsommer in Europa, um uns die lebenswichtige Bedeutung des sauberen Wassers ein wenig vor die verwöhnten Augen zu führen.

Dass die nächsten grossen Kriege auf unserer schönen Welt, in absehbarer Zukunft, eben um dieses saubere Trinkwasser geführt werden, wird ja schon seit langem prophezeit.

Unser Ankerplatz vor dem Dorf Jaccaré, mit Sicht auf den Strand.

Der kleine, wacklige Landungssteg. Unser kleines Dingi erfüllt seine Aufgabe.
Alle verfügbaren Wasserbehälter sind im Einsatz.

Das 30-Liter-Gefäss aus dem instabilen Dingi hochzustemmen, erhält kräftig.

Zum Glück hilft Yvonne dabei.

Wir wissen genau, mit unserer MOMO, gehören wir auf unserer Reise, vor allem in den wasserärmeren Regionen, zu den Privilegierten dieser Erde. Ungefähr 75 Liter Salzwasser pro Stunde, können wir mit unserem Watermaker in gutes, leider aber mineralloses, Trinkwasser umwandeln. Das bedingt aber auch, dass uns sauberes Salzwasser zur Verfügung stehen muss. In einem Yacht-, oder Industriehafen und in den Flüssen ist dies natürlich nicht der Fall. Da ist es auch für uns nicht möglich, den Watermaker in Betrieb zu setzen.

Nun gibt es für uns noch weitere Möglichkeiten, um unsere leeren Wassertanks aufzufüllen. Wenn es stark genug regnet, können wir mit unserem speziellen Regendach das kostbare Nass auffangen und in die Tanks leiten.
Wenn wir, ausnahmsweise, in einer Marina liegen, gibt es fliessendes Wasser, meistens aber leider nur von minderer Qualität, direkt vom Steg.

Wenn wir irgendwo in einem Fluss, vor einem kleinen Dorf vor Anker gehen, wird das Ganze schon wesentlich aufwendiger. Die Flüsse hier in Südamerika sind meistens sehr trüb und zum Wassermachen absolut nicht zu gebrauchen. Somit müssen wir dann im Dorf nach einer geeigneten Wasserquelle Ausschau halten. Wenn wir fündig geworden sind, beginnt erst die Knochenarbeit. Das Wasser müssen wir in die verschiedenen Kanister einfüllen und zum Dingi tragen. Anschliessend mit dem beladenen Beiboot zur MOMO zurückfahren und die Wasserkanister an Bord hissen. Je nach Wellengang, ist dies eine mehr oder minder grosse Akrobatikarbeit. Pro Dingitour können wir somit ca. 65 Liter Frischwasser in unsere Tanks einfüllen. Da unsere Tankkapazität knapp 700 Liter beträgt, kannst du selber ausrechnen, wie viele Dingitours das jeweils ergibt. Von dem Zeitaufwand gar nicht zu sprechen, denn Zeit haben wir zum Glück (meistens) im Überfluss.

Vielleicht denkst du beim nächsten Zähneputzen, während das Wasser munter aus der Röhre sprudelt, ein wenig an uns.





Bolero de Ravel

Jeden Tag, so gegen 17:00 Uhr, kommt Leben in den Praia da Jacaré. Der grosse Parkplatz beginnt sich langsam aufzufüllen. Die Strandrestaurants buhlen um die ankommenden Gäste. Jedes hat sein eigenes Liveorchester, welches nun mit seiner Musik beginnt. Es ist Bolerozeit in Jaccaré!

Die Leute beziehen Ihre Plätze, sprich bestellen ihren Apéro (natürlich einen Caipirinha oder Caipirosca) und richten ihren Blick Richtung Westen.
Dort zeigt sich tatsächlich, Tag für Tag, ein eindrückliches Schauspiel. Die Sonne verwandelt den ganzen Horizont in eine goldene Märchenlandschaft. Dazu spielen die Musiker in jedem Restaurant ihren Bolero de Ravel. Je nach Instrument und Können, besser oder weniger gut. Nach ca. 10 Minuten ist das ganze Spektakel vorbei. Die feurige Kugel ist hinter dem Horizont verschwunden, die Fotoapparate werden verstaut und ein lange anhaltender Applaus der anwesenden Brasilianer rundet das Ganze irgendwie feierlich ab.
Wem genau der Applaus gilt, ob den Musikern, dass ein weiterer arbeitsreicher Tag erfolgreich zu Ende geht, dass die Temperatur ohne Sonne nun angenehmer sein wird, oder weiss sonst was, konnte mir übrigens nie jemand erklären. Doch das ist ja eigentlich auch egal.

Nur nebenbei sei doch noch erwähnt, dass wir diese imposante Sonnenuntergangsstimmung während sechs Wochen tagtäglich von unserer MOMO aus erleben durften. Wie es aber so ist im Leben, am Anfang waren wir fasziniert, dann wurde es zur Gewohnheit und zuletzt beachteten wir das Naturschauspiel schon als Selbstverständlichkeit.

Gross wird der Bolero angekündigt.

Noch ist der grosse Parkplatz leer .... .... und eine halbe Stunde später sieht es so aus.

Blick Richtung leeren Strand. Auch da sieht es kurze Zeit später ganz anders aus.
Blick auf die originellen Strandbars.

Auf der Publikumsplattform wird der Sonnenuntergang erwartet.

Bolero de Ravel, verkauft auf brasilianisch .... .... voller Hingabe.
Unsere beiden MOMO's
und der viel bestaunte Sonnenuntergang.

 

 

 

 

 

 

 

 






Letztes Einkaufen, vor der Abfahrt aus Brasilien

Kurz vor dem Verlassen unseres liebgewonnenen Brasilien, haben wir die MOMO bis unters Dach, für die Segler unter Euch heisst das, dass momentan die Wasserlinie ca. 10 cm tiefer liegt, mit den verschiedensten Sachen vollgestopft. Von Lebensmittel über Fruchtsäfte, von Kleider bis zum Bier, welches wir dann in der Karibik gut verkaufen möchten, haben wir uns für die nächste Zeit eingedeckt. Diese paradiesischen Preise von Brasilien gehören nun leider endgültig der Vergangenheit an und wir versuchen uns schon jetzt auf den Preisschock in Franz. Guyana einzustellen.

Drei prallgefüllte Einkaufswagen.

Der Taxifahrer hat unseren Proviant ausgeladen. Yvonne wartet am Steg
mit dem Proviant auf unser Dingi.

Der Salon ist überstellt, doch leider ist es mittlerweilen schon finstere Nacht geworden. Über 100 Liter Milch stehen auf der Treppe und warten, dass sie verstaut werden.

 

 

 

 







Ilha Fernando de Noronha

Nachdem wir Jaccaré verlassen und den Leuchtturm von Gabedelo steuerbordseitig passiert haben, liegen ca. 200 sm offener Atlantik zwischen uns und der unter Naturschutz stehenden Insel Fernando de Noronha. Genau 46 Stunden später fällt unser Anker in der Bucht von São Antão. Vor Anker liegen etliche kleinere Ausflugsboote, einige Fischerboote und nur ein einziges Segelboot. "Da ist doch etwas nicht normal, nur ein einziges Segelboot ist an einem so wunderbaren Platz!" sage ich noch zu Yvonne. Warum, sollten wir vier Tage später drastisch erfahren.

Übersicht über die Hauptinsel.

Plakat zum Jubiläum.

Die deutsche Momo war 5 Monate vorher schon einmal hier gewesen und hat uns seither immerzu von den phantastischen Tauchgründen vorgeschwärmt. Also sind wir zusammen am dritten Tag mit einer Tauchschule losgefahren und ich konnte persönlich feststellen, dass sie nicht übertrieben hatten. Beim Flaschentauchen, auf 20 Meter Tiefe, sahen wir von Rochen bis zur Moräne, von der Schildkröte bis zum Hammerhai, von den Papageienfischen bis zu den unzähligen kleinen Bunten, eigentlich alles. Ich hatte den Eindruck, dass alles was schwimmen konnte heute unterwegs war. Ohne Scheu kamen die Fische meisten ganz nah, einige kleinere knabberten sogar an der Tauchermaske.
Von unserem Ankerplatz aus konnten wir direkt zu einem kleinen Riff schwimmen. Mit Schnorchel, Maske und Flossen bewaffnet, verbrachten wir viele Stunden in diesem Naturaquarium.

Am fünften Tag unseres Aufenthaltes kam ein Mann zu unserem Boot und erklärte uns, dass wir uns sofort in einem bestimmten Gebäude melden müssen. Dieses Gebäude war neu, aber eigentlich sonst nicht gross angeschrieben. Also gingen wir am nächsten Morgen dorthin. Zwei Beamte empfingen uns recht freundlich, eben typisch brasilianisch. Das Weitere war dann aber schon nicht mehr so erfreulich.
Seit dem 1. Juli 03 sei ein neues Gesetz in Kraft. Jede Yacht, vor Anker, müsse pro Tag sFr. 50.-- und jeder Besucher sFr. 13.-- bezahlen.
Die Nationalparkgebühr von sFr. 13.-- haben wir gewusst. Dass wir nun aber für ein Boot vor Anker, ohne irgendwelchen Schutz, ohne Wasser und Stroms einfach so sFr. 50.-- pro Tag hinblättern sollten, ging weit über unser Verständnis hinaus. Da wurde nun dann doch meine Tonlage ein wenig kräftiger und auch lauter, so dass Yvonne, unter dem Tisch hindurch, andauernd ihren Fuss an mein Schienbein knallte.
Der zuständige Beamte, verstand sogar meinen Unmut und machte uns dann, zu unserem grossen Erstaunen, einen wahrlich genialen Vorschlag. Wenn wir nicht gerade auf der Stelle abreisen würden, wäre er bereit, uns die Bootsgebühr nur für einen, anstatt für 10 Tage zu berechnen. Er hätte da die Möglichkeit, uns als Teilnehmer eines zufälligerweise gerade stattfindenden Hochseefischerwettbewerbes aufzuführen. Natürlich waren wir unter diesen Umständen gerne bereit, eine Woche Hochseefischer (nur auf dem Papier) zu spielen.
Sichtlich erleichtert über unser Einwilligen, wurde der Beamte ganz gesprächig und erzählte uns von seinem "Scheissjob". Dass praktisch jedes Boot auf der Stelle wieder abreise und dass er nur Theater und hitzige Gespräche hier in seinem Büro erlebe. Er verstehe die Regierung in Recife auch nicht und sei mit diesem Abriss auch überhaupt nicht einverstanden, doch er müsse hier halt für 4 Monate diese unangenehme Arbeit machen. Nur noch 2 Tage sei er hier, dann werde er abgelöst und könne wieder ans Festland nach Recife zurückkehren.
Um uns noch mehr entgegen zu kommen, befahl er seinem Mitarbeiter, uns zum Regierungsgebäude, um die Bootstaxe für den Hochseefischerwettbewerb und anschliessend bis zum Flughafen, damit wir die Nationalparkgebühr abliefern können, mit dem Strandbuggy hinzufahren.

Dieser verständnisvolle Beamte hat es meisterhaft verstanden, unseren überaus guten Eindruck von Brasilien nicht noch in den letzten Tagen umzustürzen. Dafür möchte ich ihm hiermit nochmals meinen herzlichen Dank aussprechen!

Das Archipel Fernando de Noronha taucht am Horizont auf.

Imposant, der 340 Meter hohe Moro do Pico. Blick vom Forte dos Remèdios auf den Hauptplatz.

Natur und unsere MOMO. Palãcio S. Miguel.
Igreja N. S. dos Remèdios. Damit wurde früher bestimmt nicht nur auf Spatzen geschossen. Blick vom Forte dos Remèdios auf unseren Ankerplatz. MOMO und der Leuchtturm. Das originelle Büro der Tauchschule.