August 2008



Wieder zurück nach British Columbia

Nachdem NOAA, der offizielle amerikanische Wetterdienst, endlich eine Unterbrechung der Niederschläge und Sturmwinde vorausgesagt hatte, fuhren wir von Sitka los. Der Himmel stoppte auch wirklich seine Schleusen und es begann eine Zeit mit viel Sonnenschein. Wolkenloser und tiefblauer Himmel, ein perfekter Kontrast zu den immer noch weissen Bergen, könnte man meinen. Dem war auch so, doch leider nur über der Nebeldecke. Wir selber waren meistens mitten in einer weissen Sauce drin und konnten nur zwischenzeitlich durch die Nebellöcher, etwas von der Pracht erhaschen. Zum Glück wechselte das Wetter hier nun aber beinahe täglich, so dass wir auch zwischendurch in den Genuss der sehnlichst erwarteten Sonne gelangten.

Nebelbank 1
Nebelbank 2 Wieder in Canada.

Ein Lachs hat angebissen
Heute ist tolles Segeln angesagt ... ... am nächsten Tag gibt es wieder Nebel ... ...und dazu noch dieser ungeliebte Regen ... ... jedoch später rauschte es wieder gewaltig

Ungemütliche Begegnung mit einem grossen Geisterschiff.
Faszinierendes Zu-sammenspiel der Sonne und einer Nebelbank. Die Wolken- und Nebeldecke drückte zeit-weise auf mein Gemüt. Motoren im stockdichten Nebel, dies ist wahrlich kein Vergnügen.

Heute verstehe ich, warum der Monat August hier von den Einheimischen nicht so genannt wird. Dieser heisst im Süden von Alaska und im Norden von British Columbia, tatsächlich nicht August, sondern Nebelaugust, tönt vielleicht auf deutsch leicht komisch, aber viel besser auf englisch,
fo-gust. (zusammengesetzt aus fog, Nebel und August)

Nach einer guten Woche erreichten wir den Dixon Entrance, eine Meerenge, welche die Grenze zu Canada bildet.
Jetzt hielt mich nichts mehr zurück.
Angel raus, warten und hoffen … Das Warten dauerte nur einen kurzen Moment und schon hing ein schöner Pazifiklachs an der Angel. Selbstgefangen schmecken diese Burschen halt doppelt so gut, auch wenn das nur in der Illusion liegt.

Zum Einklarieren in Kanada mussten wir wieder nach Prince Ruppert fahren. Obschon uns die Strecke dieses Mal schon bekannt war, wurde es, des dichten Nebels wegen, eine richtige Abenteuerfahrt. Dank Radar und genauen elektronischen Karten stieg der Adrenalinspiegel aber nicht auf allzu gefährliche Höhen an.
Das eigentliche Einklarieren war nur noch eine reine Formsache, welche wir telefonisch vom Hafendock aus erledigen konnten. Anscheinend sind wir beim Custom/Emigration nun schon Altbekannte und glücklicherweise auf keiner schwarzen Liste vermerkt.

Zu vollmundige Aus-sage, oder der Verfasser war nie ausser Lande.

Der, wegen Fischfang-stopp, total überfüllte Fischerhafen.
Der obligatorische Totem vor dem Parlaments-gebäude ...
Beachte das Matterhorn in der Laundry. Hafenrestaurant auf Stelzen. Besuch von Jo und Rob aus Neuseeland.

An Stelle von einer Übernachtung im Fischerhafen wurden dann deren acht daraus. Nicht weil es uns hier so gut gefiel, nein, es waren wiederum Sturmwinde angesagt. 45 bis 50 Knoten von Süden sind nicht unbedingt, das von uns Gewünschte.

Während dieses unfreiwilligen Aufenthaltes konnte ich daher meine Neugier stillen, warum der Fischerhafen so randvoll mit professionellen Fischerbooten war. Was ich da dann herausfand, erschreckte mich zutiefst.
In Kanadas Westen steht die kommerzielle Lachsfischerei vor dem Aus, denn der Fang des wilden Pazifiklachses ist für die Profis zur Mangelware geworden. Noch 1979 stammten 15 Prozent der weltweiten Lachsernte aus British Columbia und 1999 war es nur noch ein einziges, mickriges Prozent. Im vergangenen Jahr wurden in Kanada lediglich noch knapp 19 Tonnen Lachs gefangen. Gegenüber den 113 Tonnen vor zwanzig Jahren, ist dies heute also fast sechsmal weniger. Die kanadische Regierung hat deshalb die kommerzielle Fischerei drastisch eingeschränkt und einen Tag vor unserer Ankunft, die Saison für den professionellen Lachsfang gestoppt

Butedale, eine von vielen,
dem Zerfall preisgegebenen Konservenfabriken.

Der wilde Pazifiklachs, den es einst im Überfluss gab, ist heute zu einer Mangelware geworden. Mit radikalen Massnahmen will das kanadische Fischereiministerium nun die biologische und wirtschaftliche Katastrophe im Westen verhindern.
Laut Untersuchungen soll es eine Reihe von Gründen für den Niedergang des Pazifiklachses geben. Das rigorose Abholzen von Wäldern, der Bergbau und die Ausdehnung von Siedlungen, hätten die Flüsse, wo die Lachse laichen und deren Umgebung verschmutzt und zerstört. Zudem haben sich die durchschnittlichen Wassertemperaturen wegen der globalen Erwärmung, um rund ein bis zwei Grad erhöht. Lachse vertragen wärmeres Wasser nur sehr schlecht, denn dieses enthält weit weniger Nahrung.
Ich finde aber, dass auch ein grosser Teil des Problems, die totale Überfischung über Jahrzehnte ist. In verschiedenen Museen haben wir die unterschiedlichen Methoden gesehen, mit welchen die Lachse gefangen wurden. Wer so brutal und radikal mit seiner Arbeitsgrundlage umgeht, darf heute nicht jammern.
Dass es hier einmal Lachse im Überfluss gegeben hat, davon zeugen die verschiedensten Ruinen, der sogenannten Canneries (Konservenfabriken). Heute ist hier keine einzige mehr in Betrieb.




Zurück in der Inside Passage

Ab  Prince Ruppert führte uns der Weg, wenn es aussen herum zu windig war, wiederum teilweise durch die Inside Passage. Dies bedeutete, dass wir vermehrt auf Kreuzfahrtschiffe und die BC Ferries acht geben mussten.

Einsamer, aber überaus "feuriger" Ankerplatz.

Hier, an der Inside Passage, hatte es, vor dem Eintreffen europäischer Kolonisten, einige Indianersiedlungen der Stämme der Tlingit, Haida und Tsimshian.  Wegen des reichhaltigen Nahrungsangebots an der Küste, hatten sich, im Gegensatz zu dem Festland, hier feste Siedlungen und eine vielfältige Kultur gebildet. Heute gibt es aber leider nur noch sehr wenige davon zu sehen.

Unser nächster Fixpunkt war nun Cape Caution, nördlich von Vancouver Island. Dieses Kap wollten wir bis Ende Monat umrundet haben, so dass wir dann den Rest unserer diesjährigen Reise, gemütlich im Schutze von Vancouver Island zurücklegen konnten. Distanz und zeitmässig wäre dies eigentlich keine grosse Herausforderung gewesen, doch hier spielte eben der Faktor Wetter wiederum die Hauptrolle. Die ersten Starkwinde und Herbststurmtiefs zeigten sich in diesem Jahr etwas gar früh und wir mussten des Öfteren, sehr gut geschützte Ankerplätze aufsuchen. Dies war hier aber überhaupt kein Problem, denn davon gab es mehr als genügend.

So wäre es hier echt paradiesisch ...
... natürlich nur aus meiner Sicht gesehen. Oben strahlend und unten ... nicht ganz.

Einer der vielen, not-wendigen Leuchttürmen. Dieser Sonnenstern liebte unsere Ankerkette.

Ich denke, nur die Möwen haben Freude an Logs.

Als wiederum Regen mit wirklich kräftigem Wind angesagt war, ankerten wir in der Strom Bay. Dies war eine absolut perfekt geschützte Bucht, gegen die zu erwartenden südlichen Winde.
Beim Herfahren,  etwas ausserhalb und auf der anderen Seite der Bucht, sah ich tags zuvor einige Sportfischer am Angeln. Also sollte es doch auch hier, direkt vor unserem Ankerplatz,  Lachse geben. Trotz strömendem Regen hielt mich nun nichts mehr zurück und ich sattelte unser kleines Dinghi. Der improvisierte „Downrigger“ kam wiederum zum Einsatz und das Jagdfieber nahm mich vollends in seinen Griff. Die kleine Pütz (Wassereimer) hatte Hochbetrieb, denn es schüttete echt von oben und trotzdem stand im Dinghi das Wasser immer ca. 5 cm hoch.
Da ich anscheinend einen guten Lachsriecher hatte, war hier das Erfolgserlebnis des Fangens sehr hoch. Weil die Distanz, vom Angelplatz zurück zur MOMO nur sehr klein war, brachte ich immer jeden gefangenen Lachs sofort zu ihr, zerlegte ihn in seine Einzelteile und übergab Yvonne die leckeren Filets.

Ab diesem Zeitpunkt hiess es für die Küchenchefin, fertig Ferien. Jetzt musste der Lachs umgehend verarbeitet werden. Wie zu Grossmutters Zeiten musste Yvonne die Filets nun konservieren, das hiess, sie in kleinere Stücke schneiden, in Gläser einfüllen und im Dampfkochtopf erhitzen. Die so sterilisierten Einmachgläser sollen uns, so hoffen wir jedenfalls, über die nächsten Monate noch manch leckere Zutat zu den Mahlzeiten geben.
In Prince Ruppert erhielt ich die negativen Meldungen über den Lachsfang in Kanada, doch betrifft dies nur den berufsmässigen Grossfang. Für die Sportfischer hat es noch, an speziellen Orten, genügend Fische. Der „vernünftige“ Fischer nimmt während der Hochsaison vielleicht zwei Lachse pro Tag und nicht mehr. Wie ich aber auch miterlebt habe gibt es hier Auswüchse. Wer weiss wie lange noch…


Regen ... Regen ...
und nochmals Regen ...

Ein einsamer, aber erfolgreicher Fischer ... ... mit einem seiner vielen fetten Lachsen ...

... so konnte ich den Regen ignorieren ... ... wieder um 72 cm, die normale Grösse.











Kurz vor der Umrundung von Cape Caution mussten wir abermals einen mehrtägigen Wetterstopp einschalten. In der Fury Cove Bay trafen wir wiederum auf Diane und Dean, welche ebenfalls hier festsassen. Kurz nach uns trafen auch noch Jo und Rob ein, welche dann aber direkt nach der Westseite von Vancouver Island und San Francisco weiter wollten. Diese beiden Neuseeländer sind mit ihrem Boot nun schon seit 16 Jahren unterwegs und kein bisschen müde.