Dezember
2001
Über
Propriano, Bonifacio, La Maddalena und Porto Ottiolo waren wir nun in Arbatax
gelandet. Da mussten wir ganze 4 Tage auf das Nachlassen des überaus kräftig
und kalt wehenden Tramontana's warten. Es
wurde ganz plötzlich merklich kühler und wir sahen auf den umliegenden
Bergspitzen zum erstenmal Schnee in Sardinien! Mit dem ersten, einigermassen gutem
Wetterloch, verliessen wir Arbatax wieder. So schnell wie möglich und ohne
weiteren Zwischenhalt, segelten wir nun, mit Kurs 185 °, Afrika entgegen.
Der weiterhin sehr heftige Nordwind bescherte uns zum Glück gute Tagesetmale
und die Lufttemperatur wurde von Tag zu Tag immer wärmer. Am
13. Dezember, um genau 15.50 Uhr, sahen wir Nordafrika über dem Meer auftauchen.
Das Gefühl, einen anderen Kontinent auf eigenem Kiel anzulaufen ist schon
etwas ganz anderes, als sich von einem Flugzeug bequem hinfliegen zu lassen. Wer
das bisher in seinem Leben noch nie erlebt hat, der sollte das unbedingt nachholen! Nach
56 Stunden anstrengender Nonstopfahrt erreichten wir unser erstes grösseres
Etappenziel: den Hafen von Monastir, in Tunesien. Müde, aber auch ein klein
wenig stolz, legten wir an der Pier im Haupthafen an. Der Zoll- und der Hafenpolizeibeamte
nahmen unsere Leinen persönlich entgegen und kamen dann unverzüglich
an Bord. Die überaus freundlichen Beamten halfen uns beim Einklarieren und
waren sehr erstaunt über unsere perfekt zusammengestellten Dokumente und
Zollpapiere. Als sie uns noch so nebenbei nach Waffen fragten, wurde die ganze
Angelegenheit doch noch ein bisschen hektisch. Dass ich ihnen ganz bereitwillig
meine Remington Magnum und den Smith & Wesson Revolver, inklusive Munition,
überreichte, fanden sie toll. Doch als sie sahen, das mit der Marineschrotflinte
noch nie ein Schuss abgefeuert wurde, verstanden sie den kleinen schweizer Weltenbummler
nicht mehr. Das Ausfüllen der nun benötigten Waffenformulare dauerte
dann doch noch etwas länger.
Da die beiden Polizeibeamten, die klein eingestanzten Modellnummern auf dem Revolver
nicht entziffern konnten, musste ich extra meine Lesebrille holen und diese ihnen
ausleihen. Mit meiner Lesebrille auf der Nase, sah der Chefbeamte schon sehr gut
aus und natürlich endlich auch die eingestanzten Nummern auf meinem Revolver.
Dank dieser kleinen Brillenepisode
erkennt mich jetzt dieser Polizeibeamte, wenn wir uns auf der Strasse begegnen
und grüsst mich immer schon von weitem freundlich mit "Bonjour Monsieur
MOMO-sailing". 25.
Dezember 2001 Kein Schnee, keine Temperaturen um den Gefrierpunkt,
keine festlich geschmückten und überfüllten Geschäfte, keine
Hektik in den Strassen. Hier in Monastir herrscht der ganz normale tunesische
Alltag, mit Tagestemperaturen um 18 Grad, viel Sonne und Wind, einem farbigen
Markt und vielen Männern in den Teehäusern. Wenn wir uns dann fragen,
woher sie die Zeit nehmen,
um stundenlang vor ihrem Tee und der Wasserpfeife zu sitzen, stellen wir beschämt
fest, dass wir mit unserem Denken noch immer in der schweizerischen Arbeitswelt
sind. Um die afrikanische Mentalität besser zu verstehen, braucht es noch
einige Zeit. Mit über 50 "Yachties" aus Frankreich, Deutschland,
England, Holland, Kanada, Tschechien und der Schweiz, welche ebenfalls in Monastir
überwintern, feiern wir am Mittag, bei einem gemütlichen Barbecue unter
freiem Himmel, unsere Weihnachten.
Ohne Kerzen und Christbaumschmuck, ohne teure Geschenke und weiteren Firlefanz.
Alle bringen ihr selbstgekochtes Essen mit und stellen es auf einen grossen Tisch.
Jeder bedient sich und isst sich durch die verschiedenartigen Landesküchen.
Ein Erlebnis, welches überaus interessant ist. Sehr empfehlenswert für
viele intolerante Schweizer und vor allem auch für einige unserer engstirnige
Politiker. 31.
Dezember 2001 Die
Restaurantbesitzer in Hafengelände versuchen, für die wenigen, trotz
dem 11. September, aus Europa angereisten Touristen, doch noch Winterstimmung
zu machen. Die Fenster werden mit Weihnachtsmännern, Rentieren mit Schlitten
und viel Schnee, usw. verziert. Zum Teil entstehen so kleine Kunstwerke. Leider
merken die Tunesier nicht, dass das nun wirklich nicht hierher passt. Den
Silvesterabend feiern wir wieder multikulturell mit den andern Seglercrews. Diesmal
kommen sogar gegen 70 Weltenbummler und es wird eifrig in allen möglichen
Sprachen gesungen und life Musik gemacht. Wie es sich für so ein Fest gehört,
gibt es auch ein achtgängiges Festessen, für umgerechnet ca. sFr. 28.--.
Wenn ich mich da an unsere Rechnungen, nach den Silvesteressen zu Hause in der
Schweiz, zurückerinnere..... Zugegeben, das Essen hier hat natürlich
nicht den schweizerischen Spitzenstandart. Doch es war ja nicht das Essen das
zählte, sondern die Stimmung und diese war sehr gut. Wenn das französische
Akkordeon verklungen war, stimmten die Deutschen mit den Schweizern ihre Shantys
an, anschliessend ertönten die Holländer, gefolgt von der kanadischen
Gitarre. Das
Jahr 2002 beginnt fröhlich und friedlich !
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