Januar
2003
Rettungsaktion
für die "Never Moore"
Sonntagnachmittag,
Yvonne und ich sitzen gemütlich im Boot und sind froh, dass die starke
Dünung etwas nachgelassen hat. Da erreicht uns per Funk ein Anruf
unserer schwedischen Nachbarn. Helena, von der "Smilla" glaubt,
dass die holländische "Never Moore" am abdriften sei. Und
tatsächlich, ich kann selber feststellen, dass diese sich von uns
Richtung offenes Meer entfernt, obschon niemand an Bord ist. Der Alptraum
von uns Langzeitseglern ist Wirklichkeit. Da die "Never Moore"
ein 30 Tonnen schwerer Zweimaster ist und nach unseren gemachten Peilungen
keine Gefahr der Strandung besteht, beschliessen wir, an Land ein genügend
starkes Fischerboot zu organisieren. Am Sonntag ist das Hafenbüro
natürlich geschlossen, also suchen wir in dem Städtchen den
Hafenmeister zu Hause auf. Nach längerem suchen finden wir seine
Wohnung. Er sitzt mit seiner grossen Familie gemütlich am Mittagstisch.
Ohne zu murren kommt er, an einem Sonntag nicht selbstverständlich,
mit zur Delegação Maritima. Dort wird per Telefon ein starkes
Fischerboot organisiert. Wir fahren nun mit unserem Dingi wieder in Richtung
"Never Moore" zurück. Da ist inzwischen auch einiges geschehen.
Es sind zwei Boote in die Bucht eingelaufen. "Smilla" versuchte
per Funk diese auf die Probleme von "Never Moore" aufmerksam
zu machen. Ein Boot, die "Holland" antwortete und wurde über
die Situation und die angelaufene Fischerboothilfe aufgeklärt. Nun
witterte der Steuermann der "Holland" aber Geld (Bergelohn)
und liess sich mit dem Dingi auf die "Never Moore" übersetzen.
Er fand den Motorenschlüssel und fuhr diese nun gefahrlos zum Ankerplatz
zurück.
Ende Gut, alles gut? Unter dem Volk der Langzeitsegler gibt es einen Ehrenkodex,
dass wir einander umsonst zu Hilfe kommen. Nun gehört aber leider
der Steuermann von der "Holland" nicht zu dieser Spezies der
selbstlosen Helfer. Obschon er keinen Auftrag hatte und genau wusste,
dass unsere Hilfeleistung schon angelaufen war, enterte er die "Never
Moore" und verlangte nun und dies erst noch unter Angabe von falschen
Tatsachen, Bergelohn von der Versicherung der "Never Moore".
Da hat er nun aber den Hafenmeister von Sal-Rei kräftig unterschätzt.
Auf dessen offiziellem Protokoll über diese "Never Moore"-Rettungsaktion
bestätigt er amtlich unsere Bemühungen und unsere Rettungsaktion
und nicht seine falschen Darstellungen. Wir haben zu Handen der "Never
Moore"-Versicherung noch eine mehrseitige, wahrheitsgetreue Schilderung
dieses spannenden Sonntagnachmittags und auch eine Verzichtserklärung
auf Hilfeleistungszahlungen an uns, gemacht. Somit hoffen wir, dass der
geldgierige Holländer gestoppt werden kann.
Sal-Rei
Unsere
Wanderung nach Ribeira Brava auf São Nicolau
Wir
sind am Donnerstag, 9. Januar 2003, in Tarrafal auf der Insel São
Nicolau angekommen. Zu unserer freudigen Überraschung treffen wir
dort auf unsere französischen Freunde und Nachbarn von Monastir.
Nach dem ersten grossen Begrüssungshallo werden wir schon zu einem
feinen Abendessen auf der "Mentalo" eingeladen. Dort beschliessen
wir, gemeinsam das Inselinnere, zur Freude von Dominic und mir nur ein
klein wenig, zu erwandern. Die "Mimoja", das andere Schweizerboot
in der Bucht schliesst sich uns gerne an.
Zu sechst geht's mit einem Aluguer, dieser musste zuerst noch mehrere
Runden durch das Dorf fahren, ehe er seine 12 Fahrgäste endlich gefunden
hatte, Richtung Cabeçalinho. Das ist ein ganz kleines Dorf, hoch
oben auf einer Bergkuppe. Die Seite, wo wir hochgefahren sind ist kahl
und unwirtlich. Die andere Bergseite, Richtung Ribeira Brava runter, ist
grün und recht fruchtbar. Welch Gegensätze da aufeinandertreffen.
Wie wenig Touristen sich hier in dieses Tal verirren, stellten wir bei
einer Begegnung mit zwei kleinen Jungs fest. Diese schleppten mühsam
jeder seinen Kanister Wasser den Berg hinauf. Als sie uns erblickten,
erstarrten sie zuerst um dann auf unsere weitere Annäherung fluchtartig
das Weite zu suchen. Ihre Kanister, mit dem hier sehr kostbaren Wasser,
liessen sie einfach zurück. Der Grund für dieses eigenartige
Verhalten blieb mir bis heute schleierhaft.
In Ribeira Brava angekommen, ertönte plötzlich aus einer Seitenstrasse
Livemusik. Neugierig, wie wir halt sind, gingen wir der Sache auf den
Grund. Da kommt doch tatsächlich ein kleiner Festumzug daher. Eine
Hochzeitsfeier ist im Gang. Alle in ihren schönsten Kleidern und
die Braut ganz in Weiss. Dass sie mit ihrer langen Schleppe die halbe
Strasse putzte, sei nur nebenbei erwähnt. Die fröhlich/melancholische
Musik ging uns in dieser Situation schon etwas unter die Haut.
Die
Insel São Nicolau
Die
Groguebrennerei
Weiter
unten im Tal werden wir von einem älteren Mann angehalten. Nach längerem
hin und her stellt sich heraus, dass dieser nichts verkaufen, sondern
uns nur gerne die Dorfbrennerei zeigen möchte. Diese überraschende
Einladung nehmen wir natürlich gerne an. Wir treten durch ein grosses,
halb zerfallenes Tor in einen Innenhof. Der Boden ist übersät
mit ausgepressten Zuckerrohrstangen. Diese werden vorher durch eine Presse,
hergestellt im 19. Jahrhundert, gestossen. Der so gewonnene Zuckerrohrsaft
kommt dann in ein Fass und gärt dort, nur vom gelegentlichem Rühren
gestört, still vor sich hin. Mit den ausgepressten und anschliessend
getrockneten Zuckerrohrstangen wird das Feuer für das "Brennen"
in Gang gesetzt. Das Endresultat, der Grogue kann sich durchaus sehen,
beziehungsweise Trinken lassen. Mit ein wenig einheimischem Punch, eine
Zusammensetzung aus Zuckerrohrsirup, Zitronensaft und einem Geheimnis,
gemischt, schmeckt er sogar mir!
Vor dem Verabschieden müssen wir, dürfen natürlich, noch
ihren Grogue degustieren. Jedes Paar möchte nun selbstverständlich
eine Flasche dieses Schnapses kaufen. Doch nun gibt es ein grosses Problem.
Wie ich anfangs schon gesagt habe, Sie wollen uns nichts verkaufen, sondern
einfach nur ihre Brennerei zeigen. Nach längerem hin und her erfahren
wir auch den Grund, warum sie uns nichts verkaufen wollen, oder können.
Sie haben keine kleineren Glasflaschen zum Abfüllen! Eine alte Vermouth-Glasflasche
konnte im Dorf doch noch aufgetrieben werden und so wechselte halt leider
nur ein Liter Grogue den Besitzer.
Unberechtigte
Horrorgeschichten über Mindelo und die Kapverden
Welche
Schauergeschichten wurden da schon über diese Stadt und ihren Hafen
geschrieben. Haben wir eigentlich immer nur Glück gehabt, oder sind
wir etwa sogar blind? Wenn ich an die Gespräche unter uns Segler
in Gomera zurückdenke, an die Horrorgeschichten und Warnungen, die
da die Runde machten, so kann ich keine dieser auch nur annähernd
bestätigen. Wenn Herr Bobby Schenk, ich habe viele seiner fachlich
hervorragenden Bücher gelesen und auch an Bord der MOMO,
über ein Land eine so negative Kritik veröffentlicht, ist das
meines Erachtens sehr einseitig und schon beinahe verantwortungslos.
Wir hatten in den letzten acht Wochen einen ausgesprochen guten Kontakt
zu den Einheimischen. Diese wiederum sind uns gegenüber immer sehr
hilfsbereit und zuvorkommend gewesen. Natürlich wird unsere MOMO
und das Dingi in der
Nacht immer abgeschlossen, doch tun wir das denn nicht auch in der Schweiz,
mit unserem Haus und dem Auto? Wenn wir uns an Land aufhalten ist immer
nur ein kleiner Geldbetrag in unserer Brieftasche, der Rest wird, unter
dem T-Shirt in einer Körpertasche,
mitgenommen. Am späten Abend gehen wir nicht mehr alleine in die
kleinen Gassen, sondern sind halt auf unserem Boot. Dies sind aber selbstverständliche
Vorsichtsmassnahmen, die wir auch in Zürich, Berlin, Hamburg, der
Karibik usw. machen würden und werden.
Wir versuchen nach dem schweizerdeutschen Motto, frei nach Corinne: Frisch
und fröhli zu jedem Lö..., immer auf
jeden Einheimischen und Fremden zuzugehen, ihn freundlich in seiner Sprache
zu grüssen und zu respektieren. Bis heute hat sich dieses einfache
Rezept bewährt und uns sicher einige Probleme erspart.
Mindelo,
auf São Vicente
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Der alte Landungssteg.
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Die
Stadtbibliothek. |
Der
Club Nautic. |
Der
Fischmarkt und der
Torre de Belém.
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Das
Gerichtsgebäude. |
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Die
grosse Markthalle. |
Eine Schule
mit Weihnachts-fensterdekoration.
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Einer
der vielen typischen Strassenmärkte vor dem Torre de Belém.
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Frisches
Gemüse, doch halt leider keine grosse Auswahl und Menge.
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Eine Bäuerin
und ihr Marktstand.
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Dieser
Strassenhund hatte auch schon bessere Zeiten erlebt. |
Nebel....?
die wirklich grosse Ausnahme in Mindelo. |
Blick
über den Yachthafen von Mindelo. |
Lola,
wem schneidet sie da wohl die Haare? |
Café
und Kuchen mit den Kapverdianern. |
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Cesar,
der "Mister No-Problem",
ein Mann für alle Reparaturen. |
Pauolo,
der "Hansdampf in allen Gassen"und er spricht englisch, französisch,
spanisch, portugiesisch
und deutsch. |
Thouga,
der ruhige Chef über die Muringleinen und der Taximann. |
Das
Bootstaxi geht neue Gäste abholen. |
André
hat Mindelo total im Griff, oder ist es etwa gerade umgekehrt? |
Besuch
auf der Insel Santo Antão
Diese
Insel besuchen wir, des dort fehlenden sicheren Hafens wegen, mit der
öffentlichen Fähre. Schon die kurze Überfahrt, ca. 1 Stunde,
wurde zu einem spektakulären Erlebnis. Die Fähre wurde vollgeladen
mit Menschen, Autos, Tieren, grossen Steinen und allem Möglichen
und Unmöglichem. Schon kurz nach dem Ablegen begann sich das Schiff
leicht hin und her zu bewegen. Leises Gekreische der weiblichen Passagiere
setzte ein. Die Ersten begannen nach einem geeigneten Platz, entweder
am Boden, oder auch aussenbords, für Ihren Mageninhalt zu suchen.
Nach einer halben Stunde Fahrt war sicher die Hälfte der Passagiere
seekrank. Wie an Land gezogene Fische zuckten ringsherum einzelne zusammen,
andere verharrten stumm in einer Kauerstellung. Für uns hiess das,
gut aufpassen, damit wir nicht von irgendwoher eine ungewollte Magendusche
erhielten. Zum Glück waren wir auf dem Freiluftdeck, so dass wenigstens
die frische Seeluft den aufdringlichen Geschmack der Magensäfte weggetragen
hat.
In
Porto Novo angekommen wurden wir schon erwartet. Das Aluguer, von André
Mégroz organisiert, nahm uns in Empfang und bis zum 1170 Meter
hochgelegenen Kraterrand mit. In dichtem Nebel starteten wir, Ghjselaine
und Dominik von der "Mentalo" und wir, unsere Talwanderung Richtung
Paúl. Als sich ca. 100 Meter tiefer der Nebel lichtete, glaubten
wir, nicht mehr auf Cabo Verde zu sein. So kannten wir dieses Land bisher
noch nicht. Saftiges grün, Palmen voll leckerer Bananen, Gemüsebeete,
Kaffeestauden usw. Dies alles auf kleinen Terrassen, welche mühsam
über viele Generationen aufgebaut wurden. Dazwischen sprudelte sogar
Wasser den Berg hinunter. Wie in einem Märchen. Die Gegensätze
waren hier auf Cabo Verde noch nie so markant.
Vereinzelt kamen Kinder spontan auf uns zu und beschenkten uns mit selbstgepflückten
kleinen Blumensträusschen. Als Gegenleistung unserseits traten dann
natürlich wieder die heiss begehrten Kugelschreiber in Aktion.
Der Weg führte weiter über einen steilen, aber sehr gut unterhaltenen
Säumerpfad, Richtung Paúl. Die 1000 Meter Höhendifferenz
gingen uns nun doch langsam in die Knie. So kam die kleine Abwechslung,
als uns ein hier ansässiger Franzose, einige typische und hier im
Tal hergestellte Artikel zeigen wollte, nicht ungelegen. Nachdem wir ein
wenig Kaffeebohnen und Palmenmelasse gekauft hatten, waren alle zufrieden.
Kurz
danach kam uns André mit "unserem" Aluguer abholen. Die
Fahrt ging nun der wilden Küste entlang nach Ponta do Sol. Da gibt
es einen speziellen Fischerhafen. Seine Benützung ist nur ausgesprochenen
Könnern unter den Fischern möglich. Die Brandung ist da dermassen
stark und gefährlich, dass bei einem Einlaufen das Zusammenspiel
zwischen Brandung, Fischerboot und Helfer an Land, genau stimmen muss,
sonst muss der Fischer nachher ein neues Boot bauen, sofern er überlebt
hat.
Überfahrt
nach Santo Antão, der grünsten Insel der Kapverden, und anschliessende
Wanderung
Ausflug
zu dem Bergdorf Fontainhas
und der gefährliche Fischereihafen von Ponta do Sol
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