Oktober
2004
Mérida, die Universitätsstadt in den venezolanischen
Anden
Sie
ist die Hauptstadt des venezolanischen Bundesstaates Mérida. Die in der
Cordillera de Mérida, in einer Höhe von 1'625 Metern über dem
Meer gelegene Stadt, wird vom Chama durchflossen. Die Stadt ist heute Handels-
und Verarbeitungszentrum für die Anbauprodukte der Umgebung. Die bedeutendste
Kulturpflanzen sind Café und Zuckerrohr. Darüber hinaus ist hier auch
die Textilindustrie sehr wichtig.
Mérida
ist Sitz verschiedener Universitäten. Eine Drahtseilbahn (Teleférico)
führt auf den 5'007 Meter hohen Pico Bolívar, den höchsten Berg
Venezuelas. Die 1558 gegründete Stadt erlebte nach Fertigstellung der Andenstraße
im Jahr 1925 eine bedeutende wirtschaftliche Entwicklung und die Einwohnerzahl
beträgt heute etwa 272 000. Wir hatten unser ideales Basislager
in der Posada "Casa Alemaña Suiza", bei Markus, einem ausgewanderten
Schweizer, gefunden. Von da aus konnten wir täglich unsere Ausflüge
in die nähere und weitere Umgebung gestalten. Auch dem kulturellen Geschehen,
konnten wir uns, nach doch recht langer Abstinenz, wieder einmal voll widmen.
Jeden Abend gab es hier irgendwo in der Stadt ein Konzert. Natürlich nicht
ganz zu vergleichen mit dem übergrossen Angebot, in einer europäischen
Stadt.
Wir genossen Mérida jedenfalls sehr, denn es war eine
tolle Abwechslung zu unserem Bordalltag. Es war schön, wieder einmal am Abend
ausgehen zu können, ohne, aus Sicherheitsgründen, immer ein Taxi nehmen
zu müssen. Es hat uns ein neues, das sicherere und sauberere Gesicht von
Venezuela gezeigt.
"Vuelta
de Los Páramos", oder Reiten in den venezuelanischen Anden
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Essraum
de Mucuposada "El Trigal". | Irene
wird beim Kochen interessiert beobachtet. |
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Ist
es da eventuell etwas kalt? | Eingang
zum Badezimmer | | |
Innenhof
von "El Trigal". | Ruhe
vor der Arbeit. | Nach
der ersten Woche, gerade als wir von unserer Los Llanos-Tour zurückgekommen
waren, stiessen, wie abgemacht, Barbara und Wolfgang zu uns. Zusammen machten
wir noch verschiedene kleinere Tagesausflüge und dann eben unser "Mérida-Highlight":
die "Excursión a caballo en los Andes" oder eine Reittour auf
gut Deutsch, eine "Vuelta de Los Páramos" in den venezuelanischen
Anden. Es
gibt hier in Mérida eine Organisation, welche diese Art von Tourismus fördert
und zwar auf eine ganz eindrückliche und gute Art. Es werden Familien gesucht,
welche bereit sind, ihr Haus den Touristen zu öffnen. Diese nach bestimmten
Qualitätsvorschriften zu bewirten und eine, nur ganz leicht dem Touristen
angepasste Infrastruktur zu übernehmen. Das heisst nun aber nicht, dass auf
über 3500 Metern Höhe, moderne Hotelzimmer entstanden wären. Ganz
im Gegenteil. Ausser neuen Dächern und neuen Sanitärräumen wurden
diese sehr alten Häuser wirklich nur ganz sanft restauriert. Mit Farbe und
viel Einsatz wurden die Zimmer neu gestrichen. Liebevoll wurden da Ornamente hingepinselt
und farbige Bettwäsche eingekauft. Wie die "Bergbauern" das
bezahlt haben? Ganz einfach. Die Organisation "Programa Andes Tropicales"
gibt den einheimischen Leuten einen ganz günstigen Kredit, organisiert Kurse
im restaurieren, bedienen und kochen für Gäste und vermarktet das Ganze
dann recht erfolgreich in Venezuela, den USA und auch in Europa. www.andestropicales.org
"Programa Andes Tropicales"übernimmt selber die Werbung, Buchungen
und den Zahlungsverkehr mit den Touristen. Per Funknetz ist die Zentrale mit den
Mucuposadas verbunden und überwacht, aus Sicherheitsgründen für
die Gäste, jede Tour persönlich. Sogar auf 4500 Metern Höhe hörten
wir, wie José, unser Tourführer per Funk meldete, dass alle Gäste
wohlauf seien, was anscheinend auf dieser extremen Höhe nicht immer der Fall
ist. Diese,
für uns Europäer ungewöhnliche Höhe, ist hier ja gerade das
Faszinierende. Da werden auf über 3600 Metern, zum Teil auch noch an sehr
steilen Hängen, Kartoffeln und Gemüse angepflanzt. Blumen und Pflanzen
sahen wir noch auf über 4500 Metern Höhe wachsen. Das alles scheint
hier oben noch problemlos zu gedeihen. Schon etwas mehr Probleme zeigten dann
manchmal unsere Lungen, welche hier doch vermehrt nach Sauerstoff lechzten. Schon
bei kleineren körperlichen Anstrengungen, machte sich bei uns die sauerstoffarme
Luft bemerkbar. Ist eigentlich auch normal, denn seit drei Jahren leben wir ja
auf Meereshöhe. Den kleinen, aber umso stämmigeren
Pferden schien die Höhe nicht zuzusetzen. Unbeirrt und eindrucksvoll gingen
diese ihren Weg. Weg ist natürlich masslos übertrieben. Über Stock
und Stein, zum Teil steil rauf und dann wieder runter. Einmal ging es so steil
runter, dass alle, auch die Führer, absteigen mussten. Die Pferde konnten
dann, ohne den menschlichen Ballast und sich selber überlassen, ihren Abstieg
problemlos hinter sich bringen. Am dritten Tag, gegen Ende der Tagestour,
bekamen wir auch noch die Regenseite der Anden zu spüren. Die letzten zwei
Stunden goss es wie aus Kübeln. Dicke Nebelschwaden und die Kälte auf
dieser Höhe, waren ein grosser Kontrast zum Sonnenschein eine Stunde vorher.
In der Mucuposada "El Nidal del Cavilán" angekommen gab
es, neben dem wiederum herzlichen Empfang, herrlich warmen Kräutertee aus
dem Garten. Auch eine warme Dusche war bereit, um uns wieder etwas aufzuwärmen.
Hier zeigte sich nun aber doch ein wenig die Zwickmühle in der diese Mucuposadas
stecken. Zu einem Teil wollen sie uns Touristen an ihren Lebensalltag teilnehmen
lassen und ausser der warmen Dusche und der sanften Renovation der Zimmer, nichts
verändern. Zum andern ist da aber auch der Gast, welcher nicht gewohnt ist,
dass das Essen bei acht Grad und mit angezogener Skiweste, draussen eingenommen
wird. Auch wenn die eine oder andere Mucuposada sogar ein geschlossenes Esszimmer
hatte, wärmer als zwölf Grad in dem Raum, hatten wir aber nicht erlebt.
Die einzige Änderung, welche die Mucuposadas meiner Meinung nach machen sollten,
wäre, einen Raum mit einer kleinen Heizung auszustatten. Auch wenn das gegen
ihren Lebensstil verstossen würde, der Gast sollte schon irgendwo seine nassen
Kleider trocknen können. Trotz diesem kleinen Negativpunkt war unsere
Reittour ein voller Erfolg. Nach Canaima, Mérida und Los Llanos war das
wiederum ein sehr eindrückliches und extrem freundliches Gesicht von Venezuela,
welches wir da erleben durften.
Tagesausflug
nach Jaji
Das
gründlich, aber nicht aufdringlich restaurierte Bergdörfchen Jaji liegt
nur ca. 37 km westlich von Mérida. Die Kirche, die öffentlichen Gebäude
und eine Reihe von Ladengeschäften sind zwischen 1968 und 1971 im spanischen
Kolonialstil wiederhergestellt worden und befinden bis heute in einem ausgezeichneten
Zustand. Mittlerweilen haben auch viele Privatpersonen ihre Häuser vorbildlich
restaurieren lassen. Jaji gehört heute nun zu den wenigen Museumsdörfern,
die von ihren Bewohnern aus Überzeugung und einem richtig verstandenen kaufmännischen
Denken heraus erhalten werden.
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